Sachsens Programm zum Erhalt der biologischen Vielfalt vorgestellt

Am 4.10. stellte Sachsens Umweltminister Wolfram Günther unter dem Titel „Sachsens Biologische Vielfalt 2030 – Einfach machen!“ die Strategie Sachsens zum Erhalt der Biodiversität bis zum Ende dieses Jahrzehnts vor, in die auch ein Handlungskonzept Insektenvielfalt eingebunden ist. Ob dies allerdings so einfach zu machen sein wird, wie es der optimistische und pragmatische Titel vorgibt, daran darf man als alter Hase seine Zweifel haben, zumindest wenn man einen Blick in die Geschichte wirft. Denn die bisherigen Programme sind krachend gescheitert und die Listen der gefährdeten Arten sind lang, auch in Sachsen. Und dabei sind diese Listen nur die Spitze des Eisbergs und mangels fehlenden Wissens nur der sichtbare Bruchteil eines gigantischen Dilemmas, das sich derzeit abspielt.
Seit dem letzten Biodiversitätsprogramm des Freistaats aus dem Jahr 2009 hat sich die Lage noch einmal deutlich verschlechtert. Das weitgehende Scheitern der bisherigen Bemühungen gibt man in Dresden auch unumwunden zu. Man steht ja da auch durchaus nicht alleine, sondern reiht sich nahtlos ein in die geschlossene Front der Bundesländer, Staaten und Kontinente. Wie könnte es auch anders sein. Mit dem jetzt verabschiedeten Programm will man in Sachsen eine Trendwende bis 2030 erreichen.
Es liest sich jedenfalls erst einmal recht gut, was man da zu Papier gebracht und auf die Fahnen geschrieben hat. Im Detail möchte ich auf das umfangreiche Programm hier nicht eingehen und für näher Interessierte auf den unten stehenden Link zu umfangreichen Informationen verweisen, zumal das Ganze noch konkret mit Maßnahmen untersetzt und vor allem noch finanziell unterfüttert werden muss.
Es dürfte allerdings sehr schwer werden, die gesteckten Ziele zu erreichen angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen, von denen nur drei genannt werden sollen:

  • Eine EU-Agrarpolitik, die trotz leichter Fortschritte im Grunde auf den eingetretenen Pfaden fortschreitet, die ja nun schon seit Jahrzehnten als Hauptursache des Niedergangs der Biodiversität erkannt sind. Die neue Förderperiode geht offiziell von 2023-2027 und wird, wenn man von den bisherigen Erfahrungen ausgeht, erst um das Jahr 2030 herum von einer neuen abgelöst werden.
  • Eine in Angriff genommenen Energiewende auf Basis vorwiegend technischer Maßnahmen (Windkraft, Solar), die zu beträchtlichen Eingriffen in Natur und Landschaft, einem weiteren Verlust und einer weiteren Zerschneidung von Lebensräumen sowie einer Erhöhung des Flächen- und Intensivierungsdrucks vor allem auf landwirtschaftliche Flächen führen wird.
  • Von klimatischen Veränderungen, die teils zu beträchtlichen Schäden an Wäldern und anderen Lebensräumen und Ökosystemen geführt haben.

Hoffen wir also, dass trotz dieser nicht gerade berauschenden Lage die Bemühungen zum Erhalt der biologischen Vielfalt zumindest einen Hauch erfolgreicher verlaufen als in der Vergangenheit. Im neuen Programm setzt man vor allem auf Kooperation und auch auf die Vorbildwirkung auf den freistaateigenen Flachen, die immerhin fast 13 Prozent der Landesfläche ausmachen. Als einen ersten Schritt sollen schon bis Ende diesen Jahres 10 Prozent der wirtschaftlich genutzten Staatswälder aus der Nutzung genommen werden.
Wird es konkret, kommt man allerdings schon bei diesem an und für sich schönen Zug bei näherer Betrachtung um Kritik nicht herum. Schaut man nämlich etwas genauer auf die betroffenen Gebiete, so sind es fast ausschließlich Flächen, die schon bisher unter Schutz standen (Nationalpark, NSGs etc.) oder eine wirtschaftliche Nutzung ohnehin nebensächlich war (Moore, Steillagen etc.). Es hat sich also im Grunde nicht viel geändert. Auch bestimmte Nutzungen wie die Jagd bleiben nach wie vor unangetastet, was mit wirklichem Prozessschutz nicht so recht in Einklang zu bringen ist. Einschneidende Verbesserungen hinsichtlich biologischer Vielfalt sind also summa summarum wenig wahrscheinlich.
Auf das Westerzgebirge bezogen, also die waldreichste Region Sachsens, muss man leider feststellen, dass Naturwälder bis auf einige Moorwälder im Kammbereich auch in Zukunft Fehlanzeige bleiben. Die neu hinzukommenden Bereiche sind nichts weiter als Fliegenschisse in einem Meer an Bäumen.

Matthias Scheffler

Informationen zum Programm auf der Internetseite von Sachsen:
https://www.natur.sachsen.de/biologische-vielfalt-7931.html#:~:text=Bereits%20im%20Jahr%20