Das Wildschwein hat einen schlechten Ruf und wird in bestimmten Kreisen mittlerweile neben dem Borkenkäfer als schlimmster Schädling in Wald und Flur betrachtet. „Bei Tag, bei Nacht, bei Regen und bei Sonnenschein, feuert auf das wilde Schwein!“ Das scheint die Devise für unseren Umgang mit diesem hochintelligenten Wesen zu sein und der Vergleich mit der Schädlingsbekämpfung scheint da nicht sonderlich weit hergeholt und durchaus berechtigt. Schon geraume Zeit darf es das ganze Jahr hindurch gejagt werden, rund um die Uhr. Mit einem respektvollen und angemessenen Umgang mit Tieren hat das wenig zu tun. Und in den letzten Jahren kommt zu allem Unglück noch die Afrikanische Schweinepest (ASP) hinzu. Man stellt unter enormen Kosten kilometerlange Zäune in die Landschaft mit gravierenden Folgen für die Tierwelt insgesamt, preist die Jagd mit unterschiedlichen Arten von Lebendfallen an und feuert aus allen Rohren, um die Bestände drastisch zu reduzieren, wie es so schön heißt und was das am Ende auch immer bedeuten mag. Wo soll das noch hinführen, fragt man sich bestürzt.
Erfreut nimmt man da in all der auch medialen „Hetzjagd“ den Vorstoß der sächsischen Sozialministerin Petra Köpping zur Kenntnis, die auf einer Kabinettssitzung der EU-Komission in Brüssel erneut den Versuch macht, die ganze Angelegenheit etwas differenzierter zu betrachten und den überbordenden Aktivismus ein wenig in Frage zu stellen. Zum Beispiel führt sie an, dass es keinen Beleg dafür gibt, dass sich der Virus von Wildschwein zu Hausschwein übertragen hat und beispielsweise in Baden-Württemberg und Niedersachsen eigentlich nur der Mensch die Ursache für die Eintragung in Haustierbestände sein kann. Außerdem fehle bislang ein Beispiel für eine erfolgreiche Bekämpfung der ASP im Wildtierbestand. Sie fordert, dass unterschiedliche Bekämpfungsansätze bei Haus- und Wildtierbeständen angewandt werden. Auch, wenn im Mittelpunkt ihrer Bemühungen eine gerechtere Verteilung der enormen Kosten auf EU, Bund und Länder steht und weniger der Tierschutz und die Auswirkungen der Maßnahmen auf Natur und Landschaft, ist das ein Schritt in die richtige Richtung. Bleibt zu hoffen, dass ihre Worte offene Ohren finden. Sicher ist das keineswegs.
Die Medieninformation aus dem sächsischen Sozialministerium und einige weiterführende Informationen aus dem Naturschutz und Tierschutz zum Fall Wildschwein und den Folgen der ASP-Bekämpfung finden Sie hier:
PDF Download Medieninformation des Sächs. Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt
PDF Download „Afrikanische Schweinepest – Aktuelle Erkenntnisse, Schlussfolgerungen und Forderungen“, NABU
PDF Download „Die waidgerechte Bejagung der Wildsau“, Wildtierschutz Deutschland e.V.